Mokume Gane: japanische Goldschmiedekunst

Als „Mokume Gane“ wird Metall bestehend aus mindestens zwei Schichten unterschiedlicher Nichteisenmetalle bezeichnet, welches durch handwerklich herausgearbeitete Musterungen fast organisch wirkt. Nicht nur das Metall selbst, sondern auch die Goldschmiedekunst, wird inzwischen als Mokume Gane bezeichnet. Wörtlich übersetzt bedeutet der aus Japan stammende Ausdruck „Metall mit Holzaugen“ und lässt sich sinngemäß als „Metall mit Holzmaserung“ übersetzen.

Geschichte von Mokume Gane

Das anspruchsvolle Handwerk wurde im feudalen Japan entwickelt. Erst seit den 1970er Jahren ist es in der westlichen Welt bekannt. Bis heute beherrschen nicht viele Goldschmiede diese Goldschmiedekunst.

Mokume Gane Ringe

Laut dem Autor Steven Midgett* geht Mokume Gane auf den alten Handwerksmeister Denbei Shoami (1651-1728) zurück. Dieser war bekannt für seine kunstvollen Schnitzarbeiten, welche Schwertklingen zierten. Er verschweißte Kupfer und eine Gold-Kupfer-Legierung (auf japanisch „Shakudo“ genannt) und schuf daraus gemustertes Blech. Handwerklich war dieses Vorgehen durch die Schmiedekunst zur Herstellung von Samurai-Schwertern beeinflusst. Die Schmiedekunst war in Japan weit entwickelt. In Japan gab es unterschiedliche Metallvorkommen. Schwerter und auch die Schmiedekunst selbst entwickelten sich von rein funktionalen Gegenständen bzw. Techniken zu zentralen Kulturgütern in Japan.

Inspiriert war Meister Shoami jedoch nachweislich auch von einer noch wesentlich älteren chinesischen Technik. Bei dieser werden Muster aus geschichteten, farbigen Lacken geschnitzt. Shoami wandte dieses Prinzip auf Nichteisenmetalle auf Basis von Kupfer an. Das Handwerk des Mokume-Gane-Schmiedens wurde seitdem von Generation zu Generation in Japan weitergegeben.

Das Handwerk der Goldschmiede

Die Grundlage für Mokume Gane sind geschichtete und miteinander verschweißte Bleche aus unterschiedlichen Metallen. Zum Einsatz kommen Edelmmetalle, welche sich in kaltem Zustand verformen bzw. schmieden lassen. In dieser Eigenschaft besteht ein wichtiger Unterschied zur Herstellung von Damaszener Stahl. Stähle lassen sich nur verformen, nachdem diese im Schmiedefeuer erhitzt wurden.

Für Mokume Gane sind insbesondere die Metalle Gold, Silber, Palladium, Platin und Kupfer geeignet. Aus diesen Metallen lassen sich wiederum unterschiedliche Legierungen herstellen. Weißgold ist beispielsweise eine Legierung, welche im Wesentlichen aus Gold und Palladium besteht. Rotgold ist eine Legierung aus Gold und Kupfer.

Das japanische Schichtmetall besteht üblicherweise aus zehn bis circa 40 einzelnen Schichten. Mehr Schichten sind möglich, jedoch wird die Maserung dann entsprechend feiner und teils unscheinbar.

Japanische Goldschmiedekunst Mokume Gane

Für einen Mokume Gane Barren müssen zunächst Metallbleche hergestellt werden. Das Blech wird auf die gewünschte Stärke gewalzt und anschließen zu einzelnen Blechen in den passenden Maßen zurechtgesägt oder zurechtgeschnitten. Die Bleche müssen absolut gerade sein und gründlich gereinigt werden. Die Auswahl der Metalle und die Stärke der einzelnen Schichten bestimmt den Charakter des Mokume Gane Schmucks.

Die Bleche werden anschließend gestapelt. Es gibt zwei unterschiedliche Möglichkeiten, den Stapel zu einem neuen Barren zu verschweißen. Die Metalle werden entweder im Ofen oder mit einer Gasflamme erhitzt. Im Ofen wird der Stapel bis knapp unter den Schmelzbereich eines Metalls über die Dauer mehrerer Stunden erhitzt. (Das Verfahren wird Diffusionsschweißverfahren genannt). Mit der Gasflamme muss der Stapel hingegen so stark erhitzt werden, dass ein Metall tatsächlich anfängt zu schmelzen. Auf diese Weise verbinden sich die Bleche dauerhaft. Das Verschweißen des Mokume Gane Barrens mit der Gasflamme erfordert viel Erfahrung – und endete auch bei uns in der Goldschmiede mit etlichen Überraschungen und Fehlversuchen. Das Verschmelzen mit der Gasflamme ist ein eindrucksvolles Erlebnis und der verschweißte Barren kann unmittelbar weiterverarbeitet werden. Die Nutzung des Ofens ist die technischere Arbeitsweise. Eine passende Ausstattung der Werkstatt ist dabei die Voraussetzung.

Mokume Gane stellt auch den erfahrenen Goldschmied immer wieder vor zwei Herausforderungen:

  1. Ein Barren aus unterschiedlichen Metallblechen muss über die ganze Länge des Materials, gründllich und dauerhaft verschweißt werden.
  2. Ein erfolgreich verschweißter Barren muss es aushalten, geschmiedet und verarbeitet zu werden, ohne dass sich die Schichten wieder auftrennen. Bei ungeeignetem Vorgehen kann dies selbst bei einem gut verschweißten Barren vorkommen. Problematisch ist, dass unterschiedliche Metalle unterschiedliche Eigenschaften besitzen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich der Schmelzbereiche, der Härten, der Kristallstrukturen, dem Grad der Verformung unter Krafteinwirkung und so weiter.

Fugenlose Mokume Gane Ringe

Verschweißte Mokume-Gane-Barren können flächig ausgeschmiedet werden. Handwerklich besonders interessant ist jedoch das Verfahren, mit welchem sich fugenlose Mokume Gane Ringe herstellen lassen. „Fugenlos“ heißt, dass die Maserung bei handwerklich hochwertigen Ringen an keiner Stelle unterbrochen ist.

tordieren eines Mokume Gane Barrens

Zunächst werden die verschweißten Bleche zu einem längeren Stab ausgeschmiedet und ausgewalzt. Dieser Stab wird dann, wie auf dem Bild zu sehen, in den Schraubstock gespannt. In mehreren Arbeitsgängen wird dieser dann in sich verdreht (tordiert). Das Material wird spätestens hier extremen Beanspruchungen ausgesetzt und es zeigt sich, ob der Barren auch tatsächlich gut verschweißt wurde. Wird das Material nur wenig tordiert, lassen sich Mokume Gane Trauringe mit einer eher ruhigeren Musterung schmieden. Durch eine stärkere Torsion lassen sich spannungsvolle Musterungen erzeugen.

Edelmetalle zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich kalt verformen – und also auch kalt tordieren – lassen. Durch das Verformen härten die Metalle jedoch schnell aus. Die verschiedenen Metalle verformen sich zudem während des Schmiedens, Walzens und Tordierens unterschiedlich stark. Das Schichtmetall muss daher immer wieder ausgeglüht werden. Erst dann kann der Barren weiterbearbeitet werden.

Wie entstehen aus einem tordierten Barren nun zwei fugenlose Mokume Gane Trauringe? Folgende weitere Arbeitsschritte sind dazu notwendig:

  • Der tordierte Barren wird wieder zu einem rechtwinkligen Stab geschmiedet.
  • Von diesem Stab werden zwei Stücke für zwei Mokume Gane Ringe abgesägt.
  • Die Stücke werden zweimal, jeweils an den Enden durchbohrt.
  • Es wird mit einer Goldschmiedesäge von Loch zu Loch gesägt.

Das Ergebnis dieser Schritte ist auf dem nachfolgenden Bild zu sehen. Wie dort ebenfalls zu sehen ist, wird dieser Rohling für die Mokume Gane Ringe aufgespalten. Das Material wird dann immer weiter zu einem Ring aufgedehnt und aufgeschmiedet. Auch während dieses Arbeitsgangs muss das Material mehrfach geglüht werden, damit es nicht zu hart wird und nicht reißt.

Herstellung von fugenlosne Mokume Gane Ringen

Auch einem erfahrenen Goldschmied wird es bei der Arbeit mit Mokume Gane hin und wieder passieren, dass ein Ring während der Arbeit an den Grenzschichten der Metalle trotz aller Vorsicht einreißt. Wichtig ist, dass dies frühzeitig erkannt und gegengesteuert wird. Risse werden meist zugeschmiedet und dann mit einem passenden Lot zugelötet, sodass die Schichten wieder sauber verbunden sind.

Der entstehende Ring wird auf einem Ringriegel aus Stahl geschmiedet. Durch das Schmieden erhält der Mokume Gane Ring seine Form, weitet sich jedoch auch. Mit einer speziellen Presse – unter Goldschmieden „Trauring-Maschine“ genannt – lassen sich die Ringe wieder verkleinern. Auch diese Arbeitsschritte werden mehrfach durchlaufen.

Zum Ende der Schmiedearbeit wird der Ring mit Feilen, Fräsern und Schleifpapier bearbeitet. Zu guter Letzt wird der Mokume Gane Trauring meist noch einmal vorsichtig erhitzt, wodurch die Oberfläche einen gleichmäßigen Farbton erhält.

Mokume Gane Trauringe aus der Goldschmiede

Es gibt verschiedene Variationen der Mokume Gane Technik, die zu unterschiedlichen Musterungen führen. Diese Musterungen haben sich bei Mokume Gane Ringen verbreitet:

  • Mokume Gane Ringe mit „Sternenmuster“ innen: Durch die oben vorgestellte Torsion laufen die Schichten des ursprünglichen Barrens über die Außenseite der Ringe. An der Innenseite der Ringe entsteht ein Muster, welches an Sterne erinnert. Die Musterung dieser Ringe wirkt oft fast wie eine Holzmaserung. Die Maserung kann ruhig oder spannungsvoll sein. Ringe mit Sternenmuster sind auf dem vorangehenden Foto zu sehen.
  • Mokume Gane Ringe mit „Sternenmuster“ außen: Es ist möglich, die Musterung an der Innenseite eines Rings nach außen zu bringen. Der Ring muss dazu zunächst zu einer Scheibe aufgeschmiedet werden. Die Scheibe wird dann wieder zu einem Ring geschmiedet. Das Ziel ist es auch hier, einen Mokume Gane Ring mit einer durchgehenden Maserung zu erhalten. Die Maserung läuft ohne Unterbrechung über den Ring.
  • Mokume Gane Ringe mit umlaufende Linien: Bei dieser Variante ziehen sich Linien ohne Anfang und Ende durch die Ringe. Der Barren wird dazu nicht, oder nur ganz wenig, tordiert.
  • Mokume Gane Ringe mit Mosaikmusterungen: Mosaikmuster sind aus vielen Stücken unterschiedlicher Edelmetalle zusammengesetzt. Diese werden verschweißt, jedoch nicht weiter verformt.
  • Mokume Gane Ringe mit „Augenmustern“: Ausgangspunkt sind auch hier geschichtete und verschweißte Metalle, wie oben beschrieben. Die Schichten werden jedoch eingefräst, durchfeilt oder durchbohrt. Durch das Durchbrechen und Schmieden der Schichten gelangen unterschiedliche Metalle an die Oberfläche. So können Musterungen entstehen, die an Augen erinnern.
  • Kombinatinonen: Der Gestaltung sind bei Mokume Gane keine Grenzen gesetzt. Es ist möglich, unterschiedliche Techniken zu kombinieren und immer neue Muster zu entwickeln.

Literatur

(*) Mokume Gane – Theorie und Praxis der japanischen Metallverbindungen von Steve Midgett, erschienen im Wieland Verlag,